In einer wegweisenden Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 20. Dezember 2022 (Az. 9 AZR 266/20) klargestellt, dass die Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nicht ohne weiteres verjähren können. Gemäß diesem Urteil beginnt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist für den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen spezifischen Urlaubsanspruch und die entsprechenden Verfallfristen informiert hat und der Arbeitnehmer den Urlaub trotzdem aus freien Stücken nicht in Anspruch genommen hat.
Die Entscheidung wurde im Rahmen eines Falles getroffen, in dem eine Arbeitnehmerin, die von 1996 bis 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin tätig war, eine Abgeltung für 14 Urlaubstage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt. Sie forderte jedoch eine zusätzliche Abgeltung für 101 nicht genommene Urlaubstage aus den Vorjahren, was der Arbeitgeber ablehnte. Das Landesarbeitsgericht sprach der Frau in der Berufungsinstanz eine Abgeltung für weitere 76 Arbeitstage zu, da der Arbeitgeber seine Hinweispflichten nicht erfüllt hatte. Der Arbeitgeber legte Revision ein, jedoch ohne Erfolg.
Das BAG hat mit dieser Entscheidung die Vorgaben des EuGH umgesetzt und festgestellt, dass der Arbeitgeber die Rechtssicherheit gewährleisten kann, indem er seine Pflichten gegenüber dem Arbeitnehmer nachkommt. Der Arbeitgeber konnte nicht erfolgreich geltend machen, dass der nicht gewährte Urlaub bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt sei. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs wurde von der Arbeitnehmerin innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren geltend gemacht.